Keine Liebesbeziehung, immernoch Familie!

Experten erklären, wie getrennte Eltern gut miteinander auskommen

„Wann holst du die Kinder ab?“, „Wer zahlt die Winterjacke?“. Wenn Eltern sich trennen, bleiben viele Fragen, die neu verhandelt werden müssen. Auch wenn das Paar nicht mehr zusammen ist, die tiefe Verbindung durch das gemeinsame Kind bleibt. Während andere sich nach der Trennung aus dem Weg gehen können, haben getrennte Eltern noch viel zu besprechen. Das kostet Kraft, besonders, wenn verletzte Gefühle mit im Spiel sind.  Aber es birgt auch die Chance sich als Familie neu zu erfinden.

Keine Liebesbeziehung, immernoch Familie!

In dem Artikel „Kinder sind viel entspannter, als man denkt“ haben die Therapeuten Cordes und Braun erklärt, warum die Trennung der Eltern nicht unbedingt ein Trauma des Kindes zur Folge hat und wann Trennung sogar notwendig und gut sein kann. Diesmal haben wir die beiden Experten gefragt, wie es nach einer Trennung im besten Fall weiter gehen kann.

Wie lässt sich nach der Trennung eine gute Beziehung gestalten? 

Keine Schmetterlinge im Bauch, sondern Wut! Ist die Liebesbeziehung vorbei, gehen damit nach Braun auch natürlicherweise Gefühle des „Scheiterns“ einher. Cordes erklärt, dass sich eine neue Verbindung zum getrennten Elternteil gut aufbauen lässt, „wenn keine negativen Emotionen mehr da sind.“ Das braucht allerdings Zeit.  Eltern waren häufig viele Jahre zusammen, bevor sie sich getrennt haben. Sie haben eine lange gemeinsame Geschichte. „Von einer tiefgehenden Verletzung herunterzukommen, ist schwer.“, weiß Robert Cordes.  In solchen Fällen geht es dann darum, ein „Bewusstsein“ für die eigenen Gefühle zu schaffen und zu erkennen, „was wirklich mit dem anderen zu tun hat“. Jede Trennung ist auch gleichzeitig die Chance, sich selbst und die eignen Bedürfnisse besser zu verstehen.  

„Wir werden durch das Unbewusste bestimmt“, erläutert Robert Cordes. Unser Unterbewusstsein speichert alle Situationen und Emotionen, die einmal wichtig waren. In Beziehungen spielen uralte Emotionen eine Rolle. Gefühle, die aus alten Situationen oder sogar der eigenen Kindheit kommen. „Ich verwechsle, zum Beispiel die Partnerin oder Ex-Partnerin mit meiner Mutter.“ In einer angespannten Trennungslage kommt viel Emotionales mit Wucht an die Oberfläche, was vorher vielleicht nur geschwelt hat.

Beide Elternteile brauchen, wie Cordes es formuliert, „ein bisschen Platz, um sich auszudrücken“.

Psychologe Braun betont, wie wichtig es sei trotzdem „seine eigene Befindlichkeit“ außen vor zu lassen, wenn es um die Kinder geht. Kindern müsse der Kontakt zu beiden Elternteilen immer ermöglicht werden.

Ist die Liebesbeziehung vorbei geht es auch darum, „den anderen als neuen Menschen ernst zu nehmen.“ Die Tür zur Zukunft aufzumachen und hier auch ein neues Miteinander zu begrüßen.

Alte Verletzungen können heilen

Robert Cordes hält bei tief liegenden Kränkungen und Verletzungen die „psychologische Herangehensweise“ für die beste. Auch wenn es leichter fällt, den anderen zu beschuldigen und ihm das Scheitern für die Beziehung zu geben. Er empfiehlt, dass beide Elternteile den Fokus auf sich selbst legen und sich folgende Fragen stellen:

Unbedingt darf man sich hierbei professionelle Hilfe holen, denn viele Muster sind im Unterbewusstsein begraben. Immer wieder gleiche Gefühle? Menschen spüren nur, dass sich bestimmte Themen oder Emotionen in ihrem Leben wiederholen. Der frische Blick durch Coaches und PsychotherapeutInnen kann helfen solche Wiederholungsschleifen zu verlassen. Er lässt im besten Fall neue Denkweisen und Perspektiven entstehen.

Fazit:  Wie gut Eltern nach einer Trennung miteinander umgehen und ins Gespräch kommen, hängt davon ab, wie sehr alle Beteiligten den Schmerz und die damit einhergehenden negativen Gefühle zugelassen und verarbeitet haben. Selbstreflexion und das Erkennen eigener Anteile ist für diesen Prozess hilfreich, ohne dabei aber in Selbstvorwürfe abzugleiten. Können Eltern ihre Vergangenheit und die gemachten Fehler akzeptieren, gelingt es auch den anderen in einem neuen Licht zu sehen und neue Rollen im Familiensystem einzunehmen. 

Du suchst Unterstützung bei Partnerschaftskonflikten oder überlegst selbst, dich zu trennen? Hier erhältst du weitere Infos.

Dass die Corona-Krise auch Kinder stark belastet, kannst du hier nachlesen. Der Bildungsexperte Klaus Hurrelmann sagt deshalb: "Kinder wollen ernst genommen werden!"

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