„Das hast du falsch gemacht? Sehr gut, was kannst du daraus lernen?“
Ein Interview über „achtsames“ Lernen und Lernlücken
„Ich kann das nicht“, „ich will das nicht“, „lieber auf TikTok tanzen“. Mit oder ohne Präsenzunterricht: Wenn Kinder und Jugendliche beim Stoff hinterherhinken, sinkt schnell die Motivation, sich weiterhin der Schule zu widmen. Eine Aufwärtsspirale entsteht, wenn Kinder Fehler machen dürfen und im Lernen einen persönlichen Sinn finden.
Was kann ich tun, um mein Kind fürs Lernen zu begeistern? Wie kann ich unterstützen, wenn bei meinem Kind inhaltliche Lücken klaffen? Die Elternhotline hat mit Bildungsinfluencerin Laura Vogt, mitten im zweiten Lockdown, über diese und noch viel mehr Fragen gesprochen. Die Lehrerin hat sich dem Thema Bildung verschrieben und uns Tipps und Tricks verraten, wie Lernen Kinder stark macht.
Werden die Schulen den Winter über offenbleiben?
Die Pädagogin zeigt sich optimistisch: „Schon im ersten Lockdown haben wir alle gemerkt, dass Schule nicht nur ein Lernort ist, sondern ein Begegnungsort. Nach dem ersten Lockdown sahen viele Bildungsgerechtigkeit zurecht in Gefahr. In der zweiten Welle werden die Schulen auf Wunsch der Politik so lange es geht geöffnet bleiben“.
Trotzdem ist das Infektionsgeschehen dynamisch und Schulen müssen entsprechend reagieren. Mancherorts sind ganze Klassen in sogar die gesamte Schule in Quarantäne, da es einfach zu viele Corona-Fälle gibt. „Wenn es für einzelne SchülerInnen oder ganze Klassen zum Fernunterricht kommt, ist die Schule gefragt, weiter zu begleiten und nah dran zu bleiben“. Auch Bildungsforscher Klaus Hurrelmann sieht das Bildungspersonal in der Verantwortung einen Ersatz für den Präsenzunterricht anzubieten. In einem früheren Interview schlug er Eltern vor, weitere „LernansprechparterInnen“ für das Kind zu suchen.
Die Redaktion der ElternHotline hat weitere Tipps von Experten gesammelt, wie Eltern während des Fernunterrichts hilfreich sein können, ohne in die Rolle der Lehrkraft abzugleiten.
Wie können Kinder Lernlücken schließen?
Das Einmaleins vergessen? Was sind nochmal Fabeln? Lernlücken entstehen durch verpassten Unterricht oder auch unverstandene Themen, die nicht nachgearbeitet wurden. In der ElternHotline haben wir bereits im April über das Thema Lernlücken im Zusammenhang mit dem ersten Lockdown berichtet. In dem damaligen Interview hat unsere Expertin vermutet: „In einem Jahr werden diese Wochen ohne Unterricht keine Rolle mehr spielen“.
Laura Vogt plädiert für einen differenzierten Umgang mit Lernrückständen, wodurch auch immer diese entstanden sind. Es sei weniger schlimm eine bestimmte Geschichte nicht gelesen zu haben, als das Einmaleins zu vergessen. Besonders wenn einer der folgenden Aspekte zutrifft oder gar beide zusammenkommen, empfiehlt sie Eltern das Gespräch mit der Lehrkraft:
- Mein Kind ist in der Oberstufe
- Der fehlende Unterrichtsstoff ist grundlegend für weitere Inhalte
In diesem Fall ist es hilfreich, wenn Eltern Kontakt zur Lehrkraft aufnehmen, sich eine Liste der wichtigen Inhalte geben lassen und eventuell um Extra- Material bitten.
Kinder profitieren von dem Gefühl „selbstwirksam“ zu sein und Erfolgserlebnisse haben! Das ist wiederum viel leichter, wenn Kinder verstehen, worum es gerade geht.
Die Redaktion der ElternHotline stellt hier Übungsplattformen vor, auf denen Kinder den Schulstoff kinderleicht Zuhause vertiefen können.
Wie können Eltern ihr Kind grundsätzlich fürs Lernen begeistern?
Neben Gedanken über schulische Inhalte und mögliche Lücken, spielt das Pflegen einer „echten Beziehung“ zum Kind eine Schlüsselrolle. Damit meint die Pädagogin, dass Eltern ihr Kind in seinen Gefühlen sowie Bedürfnissen anerkennen und seine Fähigkeiten unterstützen. Lernen bedeute auch sich selbst erfahren zu dürfen.
„Es gibt immer etwas, das Kindern und Jugendlichen Spaß macht. Kinder in genau diesen Dingen zu bestärken, ist das allerwichtigste". Gute Noten allein helfen langfristig nicht, „wenn Kinder keinen Sinn sehen, in dem was sie tun“.
„Im Erkennen der eigenen Talente, kann sich ein gesundes Selbstbewusstsein aufbauen.“ Informatikerin oder Tänzer? Auf diese Art und Weise entwickeln Kinder Bilder, wer sie einmal sein wollen.
Fehler, die nicht am Selbstbewusstsein nagen
Das Kind schulisch zu unterstützen und gleichzeitig nicht unter Druck zu setzen, ein schmaler Grad. „Fehlerfreundlichkeit“ lautet das Zauberwort, nach Laura Natascha Vogt. „Wir sollten davon absehen zu sagen: ‚Du hast das und das richtig gemacht und das und das falsch gemacht‘. Sondern: ‚Das hast du falsch gemacht, sehr gut, was kannst du daraus lernen?‘“ Dann werden „Fehler“ zu Erfahrungen, die nicht am Selbstbewusstsein kratzen, sondern motivieren, Dinge nochmal neu und anders zu versuchen.
Nachhaltige Bildung geht, laut Laura Natascha Vogt, nur über Wertschätzung. „Kinder müssen fühlen, dass sie nicht nur ein kleines Licht im dunklen Tunnel sind. Sie müssen fühlen, dass ihre Gefühle und ihre Taten einen Unterschied machen. Dann merken sie: „Hey, ich kann was bewirken auf dieser Welt“.
Hat dir unser Artikel gefallen? Auch der Bildungsexperte Klaus Hurrelmann sagt "Kinder wollen ernst genommen werden!". Unsere Redaktion hat 3 Tipps für dich, wie Kinder gut lernen. In unserer ElternHotline-Bibliothek findest du eine Vielzahl von Anlaufstellen für Familien oder Eltern in besonderen Situationen.
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