„Den Männern zugestehen, sich mehr kümmern zu wollen“

Eine Mutter erzählt, wie sie und ihr Partner den Mental Load gerecht aufteilen.

Arbeit, Kinder, Mittagessen: Es gibt viel, woran Eltern täglich denken müssen. Sie planen und organisieren im Hintergrund. Tagtäglich, viele Stunden. Häufig sind es Frauen, die diese Aufgabe übernehmen. Dafür gibt es einen Begriff: Mental Load.

„Den Männern zugestehen, sich mehr kümmern zu wollen“

Wir haben mit einer Mutter gesprochen, die sich damit auskennt. Sie hat einen zweijährigen Sohn, arbeitet 30 Stunden in der Woche und lebt in einer Partnerschaft. Wie kommen du und dein Partner mit Mental Load zurecht?

Mental Load ist alles, was man regeln muss, damit der Laden läuft, beispielsweise, ob man genügend Windeln hat. Als Familie funktioniert man wie ein kleiner Organismus. Viele Aufgaben wollen erledigt werden. Und uns ist irgendwann aufgefallen, dass das traditionelle Versorgermodell völlig antiquiert ist. Mein Freund hat sich zum Beispiel nicht wie ein Vater gefühlt, der er sein möchte und ich nicht wie eine Mutter, die ich sein möchte. Wir haben gemeinsam ein Kind bekommen und gleichzeitig beide noch eine Rolle als Vater und Mutter dazu. Aber wir sind immer noch wir. Und im traditionellen Modell kann man dann nicht mehr sein, wer man auch noch sein wollte. Ich wollte trotzdem noch arbeiten. Mein Freund wollte noch als Vater präsent sein.

Gab es für euch beide einen Aha-Moment, als ihr gemerkt habt, ihr braucht eine Alternative zum traditionellen Modell?

Das war, als ich für ein Jahr in Elternzeit war. Danach hat mein Freund, der damals noch 40-50 Stunden gearbeitet hat, für vier Monate Elternzeit genommen. Und ganz automatisch, als ich zu Hause war, habe ich viele Aufgaben übernommen. Und er hat dann gemerkt, dass er überhaupt kein Mitspracherecht zu Hause mehr hatte. Durch die Elternzeit haben wir gemerkt, was uns jeweils fehlte.

Was habt ihr geändert?

Wir arbeiten jetzt beide 30 Stunden und teilen uns die Tage für die Kinderbetreuung auf. Jeder hat das Kind für einen halben Tag. Und den anderen halben Tag hat jeder für eigene Termine, Besorgungen, Erholung usw. Aber das war nicht einfach. Mein Freund dachte erst, dass er neben dem Job mehr machen müsste. Wir haben viel gestritten und mussten viel klären. Aber so wurde auch klar, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, davon auszugehen, dass einer 40 Stunden arbeiten muss. Jetzt gibt es für uns die Erwerbsarbeit und dann die unbezahlte Arbeit zu Hause, das nennen wir auch so.

Wie sieht das konkret aus?

Wir haben einen Putzplan, kaufen im wöchentlichen Wechsel ein, wechseln uns ab, wer den Kleinen ins Bett bringt. Dadurch, dass wir es jetzt so geregelt haben, haben wir mehr Freiheiten. Das hat geklappt, weil wir beide die gleichen Vorstellungen haben. Ich bin super gerne Mutter und gerne super erfolgreiche Arbeitnehmerin. Wir dachten einfach: Das muss besser gehen! Wenn man was wagt und den Mut hat, zu streiten, dann kommt oft Besseres dabei raus. Noch ist es eben strukturell so verankert. Und wir haben uns den äußeren Idealen erst gebeugt. Aber es muss neue Möglichkeiten geben. Frauen sind zu gut ausgebildet, als dass das alte Versorgermodell noch so funktionieren könnte. Da ist es wichtig, antiquierte Weltbilder zu hinterfragen. Die Unternehmensstruktur behandelt Männer noch immer so, als ob sie die Ernährer sein wollen. Und Männer, die weniger arbeiten wollen, werden als unproduktiv angesehen.

In der Corona-Zeit waren die Kitas geschlossen, jetzt schließen sie für ein paar Wochen im Sommer. Wie geht ihr damit um?

Früher war es ja immer so: Ach, Ferien schön! Jetzt mit der Kitaschließung sind Ferien natürlich doppelte Belastung. Keiner kann so einfach drei Wochen frei nehmen. Das bedeutet mehr Organisationsarbeit. Wer erledigt wann die Betreuungsarbeit? Ich werde mir eine Woche Urlaub nehmen und mein Freund auch eine Woche. Danach teilen wir uns die Betreuung eine Woche lang, einer Vormittags, einer Nachmittags. Dann werde ich ein Buch lesen, auf das ich mich jetzt schon freue. Außerdem haben wir ein paar Ausflüge geplant, zum Beispiel in den Zoo. Aber wir wollen auch nicht zu viel unternehmen, deshalb müssen wir uns auch absprechen: Wer geht mit ihm raus und wer bleibt zu Hause?

Themen

Artikel zum Thema