„Mama, es gab Blätter im Park, da hab‘ ich mir ganz heimlich die Nase abgewischt.“

„Erzähl doch mal!“ - Familien berichten aus ihrem Alltag

Durch das Corona-Virus wurde unsere Welt auf den Kopf gestellt. Unser Alltag hat sich verändert und wir stehen vor neuen Herausforderungen. Wir möchten sowohl mit Eltern als auch mit Kindern über ihre Erfahrungen sprechen. Denn nur, wenn beide Gruppen eine Stimme haben, können wir von Groß und Klein lernen und auf diesem Weg sowohl für Eltern als auch für Kinder da sein.

„Mama, es gab Blätter im Park, da hab‘ ich mir ganz heimlich die Nase abgewischt.“

Sarah ist Lehrkraft und Mutter von drei Kindern

Zweimal haben wir bisher in unserer Rubrik Eltern (Lea und Svenja) und einmal einen Jungen (Lukas) zu Wort kommen lassen. Für das heutige Interview habe ich mit Sarah gesprochen. Sarah ist Ende 30, Lehrkraft an einer Grundschule und Mutter von zwei Töchtern und einem kleinen Sohn.

Sarah liebt ihren Job und engagiert sich, wo sie kann

Sie liebt ihren Job, sagt sie, und hat sich schon zu Beginn der Pandemie darum gekümmert, dass sie nicht nur Schulstoff an die Kinder verteilt, sondern auch E-Learning-Angebote für ihre SchülerInnen findet. Ganz im Gegensatz zu vielen anderen LehrerInnen an ihrer Schule, meint Sarah. Sie hat die Wochenpläne für die Eltern schon früher versendet, damit diese sie noch vor dem Wochenende auf Arbeit ausdrucken konnten. „Selbst Akademiker haben keinen Drucker zu Hause“, sagt Sarah. Auch um ihre zwei, drei „Sorgenkinder“ aus ihrer Klasse, habe sie sich regelmäßig gekümmert.

Ein Schnupfen ihres Kleinsten wendete das Blatt

Doch dann wurde ihr Sohn krank. Nichts Schlimmes. Eine laufende Nase, ein paar Tage zu Hause und er war wieder fit. Wie es bei kleinen Kindern eben normal ist. Doch was normal ist, liegt momentan im Ermessen der Kitaleitung, musste Sarah feststellen. „Wenn ein Kind krank war, muss es bei unserer Kita noch 3 Tage gesund zu Hause bleiben und darf erst dann zurück in die Kita“, erzählt Sarah. „Wie soll das erst im Herbst werden? Ich habe 14 bezahlte Urlaubstage für 3 Kinder“, fragt sie fassungslos. „Da muss sich in der Politik dringend was ändern! Die Kinderärztin sagt: Mir werden reihenweise gesunde Kinder vorgestellt! Und fragt: Ja, welches Attest soll ich denn schreiben? Eine Allergie? Ein Corona-Test wird in unserer Kita nicht akzeptiert.“

Die Kitaleitung sichert sich ab – Eltern sind besorgt

Ihr kleiner Sohn ist jetzt wieder in der Kita. Doch nicht nur sie als Arbeitnehmerin, auch die Eltern ihrer SchülerInnen sind besorgt. Das geht soweit, dass sie sich an die Schulleitung gewandt haben, mit der Bitte, sie möge eine andere Klasse bekommen. „Weil sie wissen, dass ich drei Kinder habe und zur Risikogruppe gehöre, befürchten sie, ich könnte für eine längere Zeit ausfallen. Sie haben mir vorgeschlagen, mich für ein halbes Jahr freistellen zu lassen. Aber ich liebe meinen Job.“

Sarah fühlt sich diskriminiert und alleingelassen

Bei einem Gespräch mit der Schulleitung, habe sich diese nicht für sie eingesetzt: „Da wir momentan keinen Betriebsrat haben, musste ich mich selbst verteidigen. Nur eine Kollegin stand mir bei“, schildert Sarah die Situation. „Wir haben keine Großeltern, die die Kinder nehmen können und auch mein Mann kann es jetzt nicht mehr. Unsere Freunde haben selbst Kinder“, sagt Sarah. „Ich möchte nicht noch eine Leih-Oma holen müssen!“

Auch ihr Sohn hat erkannt, dass eine Schniefnase Konsequenzen hat

Ihr kleiner Sohn hat schon bemerkt, dass er vorsichtig sein muss. „Diese Heimlichtuerei ist doch anstrengend! Es wirkt so, als wolle man etwas verbergen! Als wir im Park waren, meinte er: Mama, da waren Blätter im Park, da hab‘ ich mir ganz heimlich die Nase abgewischt.“

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