Warum Gleichberechtigung in der Erziehung wichtig ist
und was wir von Pippi Langstrumpf lernen können
„Feminismus“ ist in Deutschland kein sehr beliebtes Wort. Nur etwas über ein Drittel der deutschen Bevölkerung bezeichnet sich laut einer Umfrage als FeministIn (1).
Es gibt kein Land in dieser Welt, in dem Frauen und Männer gleiche Rechte und zugleich gleiche Möglichkeiten haben weder in wirtschaftlicher, noch in sozialer Hinsicht. So sind zum Beispiel nur 24 Prozent aller Parlamentsangehörigen weltweit Frauen. Frauen sind also weniger in einflussreichen Positionen. Frauen übernehmen auch im Jahr 2020 den Großteil der Erziehungsarbeit und erleben im gleichen Atemzug Nachteile für ihr berufliches Vorankommen. Sie verdienen weniger Geld bei gleicher Leistung, arbeiten häufiger in Teilzeit und sie sind deutlich mehr von Altersarmut betroffen (3) (4).
Wie Eltern zu mehr Gleichberechtigung beitragen können
Natürlich gibt es bei der Frage um Gleichberechtigung auch strukturelle Probleme, wie beispielsweise, dass man nicht in allen Berufsfeldern gleich gut verdient, oder dass es unfaire ArbeitgeberInnen gibt. Das kann auch die beste Erziehung nicht verändern. Worauf Eltern aber Einfluss haben ist, welches Rüstzeug sie ihrem Kind mitgeben.
Moritz bekommt in der Schule jede Menge Bücher. Seine Eltern sagen ihm, dass er nicht über den schweren Schulranzen mäkeln soll, weil er ein starker Junge ist. Wenn er weint, gehen seine Eltern nicht auf ihn ein und sagen “Indianer kennen keinen Schmerz”.Sie melden ihn zum Karatekurs an.
Anisa tobt gerne im Hof und ist dabei manchmal ziemlich laut. Ihre Eltern schimpfen mit ihr und sagen zu ihr, dass sie nicht so frech und wild sein soll. Zu ihrem Bruder sagen sie nichts, obwohl er auch lautstark Fußball spielt.
In der Kindheit erlernen wir die Muster, die uns unser Leben lang prägen. Wenn einem Kind gesagt wird, dass es beispielsweise stark “wie ein Idianer” sein muss, merkt es sich das. Solche Schablonen können das Kind daran hindern, sich frei zu entfalten. Vielleicht würde Moritz niemals auf die Idee kommen, ein Balletttänzer zu werden, obwohl er sehr gut tanzen kann. Aber diese Möglichkeit erscheint nicht in seiner "Welt der starken Indianer". Oder Anisa würde sich als erwachsene Frau nicht für ein höheres Gehalt einsetzen, weil ihr das unhöflich vorkommt und sie gelernt hat, nicht zu aufmüpfig zu sein. Es ist also wichtig, Kindern ganz viel Spielraum zu geben, um authentisch sein und verschiedene Facetten leben zu dürfen. Wenn Eltern ihren Kindern unterschiedliches Spielzeug und verschiedene Freizeitbeschäftigungen anbieten, können diese wählen, ob sie lieber malen, klettern, albern, Verkaufen spielen, Teddybären verarzten oder Tee für die Puppenstube zubereiten wollen. Wenn beispielsweise Anisa immer nur die Puppe zum Spielen angeboten bekommt, entsteht bei ihr schnell eine automatische Verknüpfung, dass sie vor allem für das „Trösten“ und „Sich-Kümmern“ zuständig ist.
Zwei Dinge sind also sehr wichtig, um Gleichberechtigung schon im Kinderzimmer zu lehren:
- Selbst ein Vorbild sein: Kinder schauen ihren Eltern zu, wie diese sich zu Dingen verhalten. Wenn sie ihre Eltern darin beobachten, dass beispielsweise nur der Vater beruflich erfolgreich ist oder sein darf, dann übertragen Kinder dies in ihre Vorstellungen von der Welt.
Am besten ist es also, Gleichberechtigung zu leben. Das könnte so aussehen, dass beide Elternteile sich beruflich verwirklichen dürfen und beide Elternteile Teile der Erziehung übernehmen. Beispielsweise: Beide nehmen nacheinander die Elternzeit. Mama schreibt ein Buch während Papa Zuhause bei den Kindern bleibt und Papa macht eine Weiterbildung, als Mama ihre Elternzeit nimmt. Es ist wichtig als Eltern das Bild zu vermitteln, dass man sowohl als Mann und auch als Frau alles sein darf: traurig, stark, ehrgeizig, abenteuerlustig, mutig und einfühlsam.
- Jungs und Mädchen gleichermaßen zu bestärken, ihren eigenen Weg zu gehen: Ihnen Mut zu machen. Ganz nach Pippi Langstrumpf: "Das haben wir noch nie probiert, also geht es sicher gut." Natürlich muss man Kindern auch mal Grenzen setzen, es ist aber wichtig, dass man die Kinder dabei ähnlich behandelt, ob sie nun Jungs sind oder Mädchen.
(2) https://www.dwds.de/wb/Feminismus
(4) https://www.weforum.org/reports/the-global-gender-gap-report-2018
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