Und jährlich grüßt das Murmeltier: Ostern im Teil-Lockdown

Es dürfte noch schlimmer kommen, wenn Kontakte nicht stark eingeschränkt werden. Kinder und Jugendliche stark betroffen

Nach der letzten Nacht der langen Messer beim letzten Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Ländern hat sich einiges verändert. Wurden in der Nacht vom 22. auf den 23. März überwiegend nur die bereits vorher beschlossenen Maßnahmen bestätigt, sind es nun die Länder selbst, die nach und nach einschränkendere Vorschriften machen. Sie folgen damit zwar dem Infektionsgeschehen, allerdings hätten sie dieses viel früher tun können, wenn sie die Prognosen der Expertinnen und Experten ernst genommen hätten. Diese sagen zum Teil seit Monaten genau diese Entwicklung voraus.

Und jährlich grüßt das Murmeltier: Ostern im Teil-Lockdown

Wie ist die aktuelle Lage?

Im Bundesdurchschnitt liegt die 7-Tage-Inzidenz am 1. April bei fast 135 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner in den letzten 7 Tagen, das sind 25 – oder knapp 20 Prozent – mehr als vor zehn Tagen. Positiv ist aber auch zu erwähnen, dass dieser Wert deutlich unter den zeitweise vom Robert Koch-Institut befürchten Größenordnungen von über 200, teilweise sogar über 300 liegt. Auch steigen die Inzidenzwerte derzeit relativ konstant um etwa 20% pro Woche, das ist etwas weniger als vor zwei Wochen.

Dieser trotz allem zu beobachtende Anstieg spiegelt sich auch in den Bundesländern wider, in denen es weiterhin erhebliche Schwankungen gibt: aktuell liegen nur Schleswig-Holstein (75 Neuinfektionen je 100.000, das Saarland (86) und Mecklenburg-Vorpommern mit 97 Neuansteckungen je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern in den letzten sieben Tagen unterhalb der Marke von 100, bei der eigentlich die sog. Notbremse greifen sollte. Diese Notbremse war in der Ministerpräsidentenkonferenz vom 3. März beschlossen worden und es sollten alle Öffnungsmaßnahmen rückgängig gemacht werden. Aktuell hält sich aber fast kein Bundesland an diese Notbremse.

Den mit Abstand höchsten Inzidenzwert hat Thüringen mit über 250, gefolgt von Sachsen mit 190 und Sachsen-Anhalt mit 162. In den beiden letztgenannten Ländern scheinen die Zahlen aber bereits wieder etwas niedriger zu sein als in der vergangenen Woche.

Dabei ist die sogenannte britische Mutation mittlerweile fast das gesamte Infektionsgeschehen verantwortlich. Sie ist zum einen deutlich ansteckender ist als die vorhergehenden Varianten und zum anderen auch deutlich gefährlicher, und zwar insbesondere auch für jüngere Menschen sowie Kinder und Jugendliche. Der Krankheitsverlauf ist im Schnitt länger und heftiger.

Möglichst wenige Kontakte! Sonst steigt das Infektionsgeschehen weiter an

Sofern es nicht durch konsequente Kontaktbeschränkungen gelingt, das dynamische Infektionsgeschehen aufzuhalten, ist in den kommenden Wochen mit weiter ansteigenden Werten zu rechnen. Wir alle haben die Möglichkeit, unsere Kontakte mit anderen Menschen soweit wie möglich zu beschränken. Wer sich und andere schützen möchte, sollte auf Kontakte mit anderen Menschen möglichst verzichten, oder zumindest, auf einen sehr kleinen Kern beschränken. Hierzu braucht es keine staatlichen Vorgaben. Sondern, wir alle sind gefragt – in unser aller Interesse.

Konkret sollte man sich insbesondere nicht mit mehreren Personen in Innenräumen, also insbesondere der Wohnung treffen. Es sollte aber auch beachtet werden, dass die Ansteckungsgefahr innerhalb einer Familie am größten ist. Für Familien ist es natürlich nicht möglich, sich nicht in der Wohnung zu treffen. Um dennoch das Risiko für alle Familienmitglieder möglichst gering zu halten, sollte man sich mit Freundinnen und Freunden draußen und in kleinen Gruppen treffen. Das Infektionsrisiko ist draußen deutlich geringer. Das gilt insbesondere, wenn die Abstands- und Hygieneregelungen eingehalten werden.

An vielen Orten gilt zudem ein sogenanntes Ausgehverbot, das für die Nacht, meist zwischen 21 oder 22 Uhr und 5 oder 6 Uhr morgens gilt. Die konkreten Regelungen sind unterschiedlich und können auf unserer Seite Corona-was-darf-ich.de nachgelesen werden.

Gelingt es nicht, das Ansteckungsrisiko über Kontaktvermeidung deutlich und schnellstmöglich zu verringern, dann ist für die kommenden Wochen mit einem weiterhin starken Anstieg zu der Infektionszahlen rechnen. Sollte es bei dem derzeitigen Wert von +20 Prozent gegenüber der Vorwoche bleiben, dann läge der 7-Tage-Wert Ende der kommenden Woche bei etwa 160.

Die Folge weiter steigender Werte ist zwangsläufig, dass immer strengere Regelungen erlassen. Das heißt, es gibt immer stärkere EInschränkungen, bis hin zum vollständigen Lockdown, wie wir ihn über Weihnachten hatten.

Erhöhtes Ansteckungsrisiko für Kinder und Jugendliche?

In den letzten Wochen ist die 7-Tage-Inzidenz von Kindern und Jugendlichen sehr stark angestiegen. Nimmt man die „nackten“ Zahlen, dann zeigt die unten abgebildete „Heatmap“ starke Anstiege gerade bei den jüngeren Altersgruppen. Je dunkler das rot, desto stärker ist der Anstieg bzw. desto höher die Inzidenzwerte. So liegt der 7-Tage-Wert bei den 0- bis 4-jährigen Kindern aktuell bei 125 und bei den anderen Jahrgängen von Kindern und Jugendlichen teilweise zwischen 175 und 185. Lediglich die 10- bis 14-Jährigen liegen mit 152 darunter, aber immer noch über dem allgemeinen Durchschnittswert von 138 (das ist der Wert von vorgestern (30.3.2021); oben wurde der Wert von heute (1.4.2021) genannt – daher die Unterschiede).

Vor allem bei den 0- bis 9-Jährigen liegen die Werte über allen bisherigen Werten, und zwar deutlich darüber.

Es gibt einige Diskussionen darüber, wie diese Werte einzuschätzen sind: So verweisen unter anderen die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) sowie der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) darauf, dass diese hohen Werte insbesondere auf die deutlich höhere Zahl an Testungen zurückzuführen sei. Da zudem der Anteil der positiven Testungen gesunken sei, schließen sie daraus, dass der Anstieg nicht überproportional sei. Stattdessen sei wohl eher die Dunkelziffer geringer geworden (siehe dazu hier).

Mich überzeugt diese Schlussfolgerung nur teilweise: Selbst wenn ein Teil des Anstiegs auf höhere Testzahlen und der Anstieg nicht überproportional sein sollte, bleibt die Tatsache bestehen, dass die aktuellen Inzidenzwerte deutlich höher sind als je zuvor. Ferner ist offenkundig auch der sog. R-Wert, der die Ansteckungsquote angibt, weiterhin deutlich über bzw. 1,3. Das heißt, 100 infizierte Kinder stecken über 120 bzw. über 130 andere Kinder an. Das bedeutet ein sehr hohes und dynamisches Infektionsgeschehen.

Zudem ist die britische Mutation insgesamt deutlich ansteckender als die bisherigen Varianten, dies gilt auch – und möglicherweise insbesondere – für Kinder und Jugendliche. Auch scheint der Verlauf ungünstiger zu sein. D.h. er dauert oft länger und/oder ist häufiger mit einem schwereren Verlauf verbunden.

Das heißt, dass das Risiko für Kinder und Jugendliche zu erkranken, größer geworden ist. Es gilt zudem, dass dann oft auch schwerer zu erkranken als bisher.

 

Fortsetzung folgt morgen, am 3.4.2021

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