Vom Dorf, das ein Kind großzieht
Wenn viele Menschen gemeinsam Verantwortung übernehmen
Eltern haben oft verschiedene Gesichter. Manche sind selbst noch sehr jung und andere verfügen bereits über einige Jahre an Lebenserfahrung. In vielen Situationen aber sind sie Geschwister, Oma und Opa oder die Großtante. Viele Menschen übernehmen „Elternaufgaben“ im Alltag, denn oft ist der sichere Rahmen, den wir den unseren Kindern bieten, viel größer als angenommen.
Als ich geboren wurde, waren meine Eltern sehr jung. Beide haben den ganzen Tag gearbeitet. Wie es vielleicht in einem Dorf vor etwa 30 Jahren noch sehr üblich war, habe ich deshalb den Großteil der Zeit bei meinen Großeltern verbracht. Sie hatten einen Garten und ein großes Haus und meine Mutter konnte mich am Nachmittag dort abholen.
Oma rannte mit mir im Garten und mit Opa war ich in der Werkstatt
Meine Großmutter war selber noch beweglich genug, um mir hinterherzurennen und mein Großvater nahm mich mit in seine Werkstatt. Mein Onkel ist mit mir zum Kindergarten gelaufen und wenn ich vielleicht mal früher gehen musste, dann wurde bei Oma angerufen.
Fazit: Für mich ist es heute selbstverständlich, dass sich viele Menschen für ein Kind in unterschiedlichen Situationen verantwortlich zeigen.
- Das kann das Mittagessen einmal in der Woche sein
- Das ist der Besuch im Kindergarten
- Das ist ein kurzes Gespräch mit dem Personal dort
In der Kita holt der große Bruder seine Schwester ab
Auch wenn ich viel über „Mamas“ und „Papas“ jetzt in dieser schwierigen Situation seit dem Corona-Lockdown lese, weiß ich, dass es vielen Kindern gerade so ähnlich geht wie mir. Viele werden im Leben von anderen Personen vertreten als den Eltern.
Eine Freundin erzählte mir aus ihrer Zeit als Erzieherin, dass regelmäßig ältere Geschwister die jüngeren Kinder abholen. Sie sind diejenigen, die sich über die Ereignisse des Tages informieren und mit dem Personal im Austausch stehen. Damit entlasten sie die Eltern.
Alle demonstrieren Verantwortung, wenn sie gebraucht werden. Auch die Großmutter, die beim Kita-Elternabend ihres Enkels anwesend ist.
Jeden Tag begegnen wir einer bunten Mischung von Lebenssituationen
Meine Kollegin Steffi hier aus dem ElternHotline-Team hat sich den passenden Spruch deshalb direkt in ihr Porträt geschrieben: „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind groß zu ziehen.“ Für jemandem wie mich – der aus einem Dorf kommt – ganz exakt die Realität. Aber auch in einem anderen Umfeld (einer Großstadt zum Beispiel) gibt es das „Dorf“, das uns in der Kindheit behütet: Es sind diejenigen, die sich kümmern.
Familienhaushalte sind nicht einfach „Mama-Papa-Kind“, sondern sind eine bunte Mischung aus Lebenssituationen. Viele bemühen sich leidenschaftlich um die biologischen Kinder ihres Partners oder ihrer Partnerin. So etwas wird gern mal als „Patchwork-Familie“ bezeichnet, ist aber gar nicht so speziell, dass es unbedingt ein eigenes Wort braucht. Es ist nur eine weitere Version des Dorfes, mit dem wir aufwachsen.
Gemeinsam übernehmen wir Verantwortung für die Kinder
Erziehung besteht so oft also aus ganz unterschiedlichen Momenten, in denen Kinder jemandem ihr Vertrauen schenken können. Auch du übernimmst in dieser Situation Verantwortung – und das ist gar nicht so einfach.
- Vielleicht wirst du als Onkel auf dem Weg zum Kindergarten manchmal schräg angeguckt?
- Vielleicht heißt es, dass dafür doch eigentlich die Eltern zuständig seien?
- Vielleicht zeigt der Gesichtausdrucks des Gegenübers: Wo ist denn seine Mama?
Fazit: Du brauchst dir nichts einreden lassen, denn am Ende kennst du die Umstände am besten: Der Alltag ist viel komplizierter als es irgendwelche Bilder darstellen können. Keine Mama ist eine „Superheldin“ und Väter können eben nicht „alles“.
„Gemeinsam sind wir stärker.“ Dieser Satz ist selbstverständlich.
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