Internationaler Kindertag: Weißt du noch, wie‘s früher war?

Erfahrungen aus Ost und West

Gestern Abend, während des Abendessens, unterhielt ich mich mit L. über den anstehenden Kindertag am 1. Juni. Er erzählte mir, dass es als Kind für ihn ein besonderer Tag war. Meistens fand kein Unterricht statt und es wurde etwas Besonderes mit den Kindern unternommen, z.B. ein Klassenausflug. Aber auch Freizeitvereine beteiligten sich mit größeren Veranstaltungen, wie Musik und Tanz. Die Erwachsenen gaben sich richtig Mühe und die Interessen der Kinder standen im Mittelpunkt. Dabei leuchteten seine Augen und ein schelmisches Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Das muss für Kinder ein toller Tag gewesen sein! L. wurde in der ehemaligen DDR geboren.

Ich kenne das nicht. Für mich ist der Weltkindertag am 20. September und eine eher politische Angelegenheit, mit mir als Kind hatte das damals nicht viel zu tun. Zudem muss ich zugeben, vor meiner Ausbildung als Erzieherin kannte ich diesen Tag gar nicht.

Deutschland hat zwei Jahrestage für und mit Kindern

Und tatsächlich: Es gibt zwei „Kindertage“. Diese beiden Termine entstanden in der Zeit, als Ost- und Westdeutschland noch geteilt waren. Zum einen gibt es den sogenannten „Internationalen Kindertag“ am 1. Juni. Dieser wurde 1950 im Osten von Deutschland sowie in anderen sozialistischen Ländern eingeführt. Wenn du in der DDR aufgewachsen bist, kennst du vielleicht auch die Feste oder Ausflüge für Kinder.

Einige Jahre später, 1954, zogen die Vereinten Nation nach und führten den 20. September als „Weltkindertag“ ein, um in politischen Debatten über Rechte für Kinder zu sprechen. Seit der Wiedervereinigung der Bundesrepublik 1990 gibt es nun zwei Kindertage - vermutlich sind wir das einzige Land mit zwei Kindertagen!

2 Tage, um Kindern eine Stimme zu geben

Inzwischen feiern über 145 Länder auf der ganzen Welt diese Tage. Zum einen werden die Kindertage zu Ehren der Kinder gefeiert, zum anderen werden politisch relevante Themen, welche die Rechte von Kindern betreffen, aufgegriffen. Wie die Länder dies handhaben ist sehr unterschiedlich (bitte beachtet, dass diese Aufzählung nur einen Bruchteil der Aktionen in den einzelnen Ländern aufgreifen kann).

So feiern Länder weltweit den Tag für Kinder:

• In China haben Kinder unter 13 Jahren am Kindertag schulfrei und Erwachsene können Sonderurlaub erhalten, um diesen Tag mit ihren Kindern zu verbringen.
• In der Türkei ist es ein Nationalfeiertag (auf Türkisch: Ulusal Egemenlik ve Çocuk Bayramı), teilweise wird sogar eine ganze Woche gefeiert. Dort dürfen Kinder sich einen Beruf aussuchen und einmal in die Rolle der Erwachsenen schlüpfen. Denn Kinder sind die nachfolgenden Erwachsenen. Übrigens war die Türkei 1920 auch das erste Land, welches einen Kindertag ins Leben rief.
• In Polen wird der Kindertag (auf Polnisch: Dzień Dziecka) mit kleinen Unternehmungen, wie z.B. einem Ausflug in den Tierpark und Geschenken für die Kinder gefeiert.
• In Mexiko (auf Spanisch: Día del Niño) werden die Schulhöfe geschmückt und Piñatas mit Süßigkeiten gefüllt. In den Städten gibt es Großaktionen für Kinder.
• In Russland gibt es am Internationalen Tag des Kindes (auf Russisch: Международный день защиты детей) Spendenaktionen für arme Kinder und Protestaktionen von Abtreibungsgegnern, aber auch feierliche Veranstaltungen für Kinder.

Jeder Tag kann Kindertag sein

Und so wie es auch mit den Mutter- und Vatertagen ist, braucht die Aufmerksamkeit für unsere Kinder keinen festen Tag, denn jeden Tag sollte man sich ein bisschen von den Kindertagen bewahren!

In den nächsten Wochen werden wir noch einmal ausführlicher zum Thema Kinderrechtskonvention (Kinderrechte) schreiben. Denn, in vielen Ländern herrschen starke Benachteiligungen und große Kinderarmut. Brauchen Kinder Rechte? Wir finden: Ja, unbedingt! Und mit dieser Meinung sind wir (zum Glück!) nicht allein.

Feiert ihr den Kindertag oder habt schöne Erinnerungen aus eurer Kindheit dazu?

Veröffentlicht am 03.06.2020